Die Vergessenen in Chile

Inmitten der Covid-19-Krise in Chile befinden sich die politischen Gefangenen der Mapuche (Indianer) im Hungerstreik. Die derzeitige Situation in den chilenischen Gefängnissen ist gefährlich, die Ansteckungsgefahr sehr groß. Ein berüchtigtes Elend. Draußen ist es auch nicht besser. Familien verhungern, leben auf der Straße und der Präsident bestellt Wildschweinpastete für sich und seinen Gefolge ins Regierungpalast.

Die Mapuches kämpfen seit jahren gegen eine Militarisierung der Araucania im Süden Chiles, die Rückgabe ihrer Territorien, Autonomie und Selbstbestimmung. Der Rassismus ist in Chile noch stark von den Kolonien geprägt.

Mehrere Gruppen im Ausland fördern der chilenische Regierung die Forderungen der Gefangene zu erfüllen. Eine von denen ist die Regionalgruppe Köln der GfbV.

 

67 Tage im Hungerstreik

Wir – die Regionalgruppe Köln der GfbV – fordern die chilenische Regierung auf, die
Forderungen der politischen Mapuche Gefangenen zu erfüllen.

von Alex Mora und Sebastian Garbe

 

Seit nun mehr als drei Monaten befindet sich machi (spirituelle und politische
Autorität) Celestino Córdova im Gefängnis von Temuco im Süden Chiles im
Hungerstreik. Es ist bereits der fünfe Hungerstreik des machi seit seiner Festnahme
im Jahr 2013. Er wurde mit zweifelhaften Beweisen wegen Mordes an dem Ehepaar
Luchinger-Mackay 2014 für 18 Jahre verurteilt. Internationale Beobachter,
Menschenrechtsgruppen sowie Mapuche Organisationen und Gemeinden zweifeln
die Rechtmäßigkeit des Urteils allerdings bis heute an.

Der machi fordert dabei unter anderem die Umwandlung seiner Gefängnisstrafe in
Hausarrest sowie die Verlegung aller politischen Mapuche und nicht-Mapuche
Gefangenen in ihre Häuser und Gemeinden. Grund ist hier vor allem, dass die Covid-
19 Krise auch Chile fest im Griff hat und gerade Gefängnisinsassen einem hohen
Infektionsrisiko ausgesetzt sind. Aber auch internationale Instrumente des
Menschen- und Indigenenrechts, wie die Konvention 169 der Internationalen
Arbeiterorganisation ILO, die auch von Chile ratifiziert wurde, verlangen besondere
Umstände des Strafmaßes für indigene Personen (spezifisch Artikel 7, 8, 9 und 10).

Gemeinsam mit dem machi Celestino Cordova befinden sich weitere Gefangene im
Hungerstreik. Im Gefängnis von Angol Sergio Levinao Levinao, Víctor Llanquileo
Pilquimán, Juan Calbucoy Montanares, Juan Queipul Millanao, Freddy Marileo
Marileo, Danilo Nahuelpi Millanao und Reinaldo Penchulef Sepúlveda sowie im
Gefängnis von Temuco seit dem 18. Mai Antu Llanca. Der Gesundheitszustand des
machi ist derzeit äußerst kritischen: er wiegt derzeit ca. nur noch 65 Kilo, hat
schwere Atem- und Herzprobleme, leidet unter Übelkeit und hat Schmerzen am
ganzen Körper.

Diese Hungerstreiks sind Teil der jahrzehntelangen und kontinuierlichen Proteste der
Mapuche Bevölkerung. Diese fordern dabei u.a. die Rückgabe ihrer Territorien,
Autonomie und Selbstbestimmung. Die Mapuche leben als kolonisierte Indigene
Gesellschaft innerhalb Chiles und machen dabei ca. 10% der Bevölkerung aus. Vor
allem seit den 1990ern werden ihre Indigenen- und Menschenrechte durch den
chilenischen Staat massiv verletzt und ihr Protest kriminalisiert.

Während in der zweiten Maihälfte über 13.000 Gefangene in ganz Chile wegen der Covid-19 Krise in Hausarrest überführt wurden, weigert sich die Regierung, die politischen Mapuche und nicht-Mapuche Gefangenen ebenso vor dem Coronavirus zu schützen. Dies zeigt erstens den rassistischen sowie zweitens den politischen Charakter der Entscheidungen der chilenischen Autoritäten, die damit ein Exempel statuieren möchten. Darüber hinaus müssen die Freundes- und Verwandschaftsnetzwerke der Gefangenen erhebliche Unterstützungsleistungen für den Protest erbringen. Dadurch wird die gesamte Mapuche Gesellschaft geschwächt. Gleichzeitig haben sich die Anträge für ökologisch schädliche Infrastrukturprojekte (wie z.B. Wasser- oder Windkraftwerke) auf den Mapuche Territorien zwischen März und Mai im Vergleich zum Vorjahr verdoppelt.

Wir wenden uns an die chilenischen Behörden, den chilenischen Präsidenten Sebastián Piñera und seine Regierung, an die Abgeordneten des Senats und des Kongresses und verlangen, dass die rechtmäßigen Forderungen der politischen Mapuche und nicht-Mapuche Gefangenen, insbesondere des machi Celestino Córdova, erfüllt werden. Zudem fordern die sofortige Umsetzung der ILO Konvention 169, insbesondere zum Umgang mit indigenen Gefangenen. Wir schließen uns dabei internationalen Stimmen, wie jene von Martín Almada, Träger des alternativen Nobelpreises, an und fordern Sie auf, die Leben dieser Gefangen zu schützen. Es liegt in Ihren Händen!

 

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